Category : Großensee Monitoring

Dokumentations-Event

Forschung de Luxe
Im September ist es endlich wieder soweit: zum Abschluss der Dokumentation des Wracks organisieren wir einen Einsatz-Tag. Die Anwohner des einstigen Fischereigeländes stellen uns ihren Garten zur Verfügung. Das Wrack ist nun nur etwa sechs Meter vom Ufer entfernt. Die Distanz vom nächsten öffentlichen Seezugang bedeutet einen Antauchweg von 12 Minuten. Also schlagen wir unser Camp auf. Sogar ein geeigneter Rödeltisch steht bereit. Perfekte Bedingungen.

Mit Maßband und Bleistift
Unsere Messeinrichtung ruht irgendwo auf dem Grund des Sees. Also beschließen wir, Spanten- und Bordwandhöhen im Offset einzumessen. So können wir einen Vergleich zur Vermessung von 2012 herstellen. Also legen wir mit dem Maßband eine neue Baseline über die Länge des Wracks. Spant für Spant nehmen wir die Distanzen mit Zollstock, Schreibtafel und Bleistift auf. Die anschließende Umzeichnung ergibt einen realistischen Eindruck des Erhaltungszustands der Backbord- und Steuerbord-Bordwände.

Positionsbestimmung
Abschließend messen wir die Position genau ein. Wir markieren das Wrack mit einer Boje. Bastian steht mit dem SUP-Board bereit und nimmt die genaue GPS-Position. Dieses Prozedere wiederholen wir am Ostufer an Wrack 3.

Reporter vor Ort
Der Dokumentationstag wird von dem regionalen Newsportal „Trittau online“ begleitet. Julian Geisler fotografiert den Einsatz und berichtet noch am Abend des 20. September ausführlich via Facebook über die Arbeiten.

Bier und Würstchen
Als Roland und ich nach einer weiteren Umfeldsuche am Garten aus dem Wasser steigen, läuft der Grill schon auf Hochtouren. Einige Tauchfreunde sind gekommen und lassen mit uns diesen Event-Tag gebührend ausklingen …

Fotos: Jens-Uwe Lamm, Bastian Matthias; Zeichnungen: Elmar Klemm

Corona im Großensee

Lockdown-Stopp
Im späten Frühjahr 2020 kommt die Untersuchung des ersten Wracks nahezu zum Erliegen. Der Corona-Lockdown untersagt zeitweise die „Einreise“ der Hamburger Dokumentationspartner. Nach einigen Wochen starte ich einen neuen Vermessungsversuch. Doch die bereits vollständig verlegte Messeinrichtung samt Baseline ist inzwischen verschwunden. Wir müssen also einen komplett neuen Dokumentationstag planen. Nur wann? Die Landesgrenzen sind weiter dicht.

Fotogenes Wrack
Ich konzentriere mich auf das „Team Schleswig-Holstein“. Gemeinsam mit Steffen unternehme ich mehrere Tauchgänge zur fotografischen Dokumentation. Wir stellen fest: Mit zunehmender Wassertemperatur sinkt die Sichtweite auf deutlich unter einen Meter. Der „Bärenarsch“ macht seinem Projekt-Spitznamen alle Ehre. Ab Mitte Mai ist an ergebnisorientierte Vermessungen nicht mehr zu denken. Trotz der mäßigen Sicht gelingen Steffen einige wirklich spektakuläre Aufnahmen …

Alle Fotos in diesem Beitrag ©Steffen Schmitt /H2Ostsee.de

Auf nach Osten

Wer sucht, der findet
Wie sucht man ein Wrack ohne konkreten Anhaltspunkt? Nachdem wir große Teile des Westufers abgetaucht haben, wechseln wir an das östliche Ufer. Hier liegt ein langjährig ansässiges Restaurant, gefolgt von einigen Privatgrundstücken. Zu den jeweiligen Geschichten ist uns aber nichts bekannt.

Wrack Nr. 3
Wir wagen den Sprung ins Ungewisse – und fallen förmlich auf ein Wrack. Nur wenige Flossenschläge vom Ufer entfernt erblicken wir schemenhaft ein eingefallenes Spiegelheck, Spanten, Reste einer Bordwand. Das Boot misst etwa fünf Meter in der Länge und scheint schon einige Jahrzehnte hier zu liegen. Mit unserer Suche nach einem historischen Fischerkahn scheint es aber nichts zu tun zu haben. Trotzdem eine interessante Entdeckung, die ich bei Gelegenheit noch einmal genauer in Augenschein nehmen werde.

Bombenfund
Die Sicht ist mit gut drei Metern besser als am gegenüberliegenden Ufer. Das Bild unterscheidet sich indessen wenig. Spärlicher Bewuchs, ein paar größere Steine und jede Menge Zivilisationsmüll. Neben alten Töpfen und Gartengerät stoßen wir auch auf ein seltsames zylindrisches Objekt. Der torpedoförmige Metallkörper misst etwa 80 cm Länge und hat eine markante Aufhängung. Das Kopfkino startet den Vorfilm. Im See sind bereits Munitionsreste geborgen worden. Könnte es sich hierbei um eine Granate oder ähnliches handeln? Ich gehe der Frage nach und schicke ein paar Fotos in mein Netzwerk …

Um was mag es sich bei diesem Objekt nur handeln?

Große See-Suche

Wo ist Wrack 2?
Unsere erste Suche nach dem erwähnten zweiten Wrack bleibt vorerst ohne Ergebnis. Es soll sich in 7 m Tiefe in einer Entfernung von etwa 350 m vom ersten Wrack befinden. Laut eines Telefonats mit den einstigen Entdeckern der TSG Ahrensburg wurde das Wrack damals eher zufällig gefunden, die Position aber nicht festgehalten. Also wo suchen?

Inselhopping
Auf einer Gemeindeversammlung bekomme ich den Hinweis, dass das zweite Wrack bei der Fischerstation auf Höhe der Insel liegen solle. Mit Thorben tauche ich an einem Seezugang direkt gegenüber der Insel ab. Der Grund fällt hier steil auf zehn Meter ab. Die Distanz zur Insel beträgt etwa 15 Minuten. Doch am westlichen Ufer ist nichts zu finden. Auch die Untersuchung der Uferlinie in nördlicher und südlicher Richtung bleibt ohne Ergebnis. Ein Anwohner erinnert sich an alte Fotos, auf denen die Stege der Fischerei vom südöstlichen Inselufer abgegangen seien. Daraufhin umrunden Steffen und ich die Insel einmal komplett. Eiszeitliche Geröllhalden und umgestürzte Bäume schaffen trotz einer Sichtweite unter zwei Metern eine spannende Atmosphäre. Doch von einem Wrack keine Spur.

Zivilisationsmüll
Inzwischen haben wir März. Der erste Corona-Lockdown schränkt die Arbeiten massiv ein. Eine systematische Team-Dokumentation von Wrack 1 ist derzeit kaum zu realisieren. Also tauche ich immer wieder mit wechselnden Buddys ab und arbeite die erreichbaren Uferregionen nahezu vollständig ab. Die letzten Jahrzehnte haben ihre Spuren auf dem Seegrund hinterlassen. Wir finden Keramik, Töpfe, alte Flaschen regionaler Abfüller, insgesamt drei Anker – aber kein Wrack.

Die Schlosser kommen

Herbstbuchttauchen 2019
Die Fördeschlosser sind eine Gemeinschaft freier Wracktaucher. Diese sehr erfahrenen Taucher haben schon einige bemerkenswerte Aktionen auf die Beine gestellt. Aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten musste das traditionelle Herbstbuchttauchen 2019 ausfallen. Also habe ich die Gang kurzerhand zur Wrack-Doku an den Großensee eingeladen. Wie schrieb ein Mitglied im Forum so schön: „Es war Herbst, der Einstieg war buchtartig, wir sind getaucht und es gab sogar ein Wrack“. Also alles richtig gemacht.

Dokumentation im Team
Alle wollen das Wrack sehen. Bekommen sie auch. Für eine systematische Dokumentation ist dieser Event allerdings nicht geeignet. Deshalb konzentrieren wir uns auf die Nebenuntersuchungen und teilen uns auf. Jedes Team bekommt eine Aufgabe: Robert und Thorben suchen das Areal mit dem Scooter nach Wrack 2 ab. Blacky, Zille und Andrea nehmen die Tiefenlinie und inspizieren das nähere Umfeld. Und Ingo und ich untersuchen die Hölzer auf dem Weg. Entgegen meiner ersten Vermutung scheint es sich jedoch eher um Reste eines alten Stegs zu handeln. Also nehmen wir das Wrack weiter unter die Lupe. Es scheint, als seien die Spanten aus zwei Teilen zusammengesetzt und in der Mitte mit flüssigem Eisen verbacken. Wir zählen insgesamt sieben. Am Heck entdecke ich ein spitz zulaufendes Holzstück, dass wie eine Abdeckung aussieht. Es hat eine mittige Bohrung. Vielleicht war hier einmal das Ruder angesetzt? Dieses Wrack wirft viele Fragen auf. Wir werden versuchen, sie zu beantworten.

Das Wrack in 3D
Beim nächsten Tauchgang ist Ruhe geboten. Robert macht rund 500 Aufnahmen aus allen Perspektiven. Zuhause errechnet er ein 3D-Modell. Fotogrammetrie ist inzwischen ein Standard in der archäologischen Dokumentation. Dass wir diese Technologie auch hier einsetzen können spricht für die große Kompetenz des Teams. Das 3D-Modell kann entweder als Video betrachtet oder eigenständig gesteuert werden.

Fotorealistische Zeichnung
Oleksiy zeichnet Wracks. Und zwar so gut, dass sich mittlerweile die Tauchmagazine um ihn reißen. Toll, solche Koryphäen im Team zu haben. Beim gemeinsamen Tauchgang prägt er sich die Details ein und verwandelt sie einmal mehr in eine wundervolle Bleistift-Zeichnung. Er möchte das Objekt so festhalten, wie es der Taucher unter Wasser wahrnimmt. Das ist ihm wieder einmal gelungen.

Dies war vermutlich das erste Fördeschlosser Herbstbuchttauchen bei dem kein einziges Boot im Einsatz war. Trotzdem hatten alle einen tollen Tag, den wir bei einem gemeinsamen Essen im Dorfkrug haben ausklingen lassen.

Wracksuche am Seegrund


Noch im April habe ich bei meinen Buddys geprahlt: Kompressor im Keller, Tauchboot in der Garage – das kann doch jeder. Ich hab jetzt nen eigenen Tauchsee. Dass ich wenig später eine Wrackexpedition direkt vor meiner Haustür vorbereiten würde, hätte ich mir aber in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.

Positionsbestimmung
Die Forschungs-Kampagne Großensee kann beginnen. Von amtlicher Seite ist alles vorbereitet. Auch ein Team archäologisch erfahrener Taucher ist dank eines guten Netzwerks schnell zusammengestellt. Doch zunächst einmal müssen wir das Wrack überhaupt finden. Im Forschungsbericht der SDA ist auf einer Karte eine Position markiert. Die mögliche Lage kann per Abgleich mit Google Earth schnell rekonstruiert werden. Wir wissen außerdem, dass das Wrack diagonal zum Westufer in etwa vier bis sieben Metern Tiefe liegen soll. Ich begehe das Areal zu Fuß. Der See ist durch Privatgrundstücke und Uferschutz hier nicht begehbar. In einiger Entfernung führt jedoch eine Feuerwehr-Zufahrt ans Wasser. Nach meinen Berechnungen muss das Wrack etwa 150 Meter* entfernt liegen.

Fund Wrack 1
Im September 2019 verabrede ich mich mit meinem Buddy Thorben. Mit ihm habe ich den ersten Großensee-Tauchgang gemacht und möchte dieses Experiment mit ihm teilen. Wir funktionieren ein Reel zur Buddyline um und tauchen ab. Einer auf der 7m- einer auf der 3,5m-Linie. Der Grund ist hier sehr trist. Sand, ab und zu ein Stein, ein paar alte Holzpfähle. Die Sicht beträgt höchstens zwei Meter. Doch nach etwa 20 Minuten ist es da: Vor uns erhebt sich eine mächtige Bordwand über den Grund. Wir haben das Wrack gefunden! Das Ufer fällt hier steil ab, der Kahn liegt mitten im Hang. Den tiefsten Punkt messen wir auf 7,50 Metern. Zu unserer Überraschung ist das Wrack recht gut erhalten. Wir sehen Bordwände, Spantengänge und einen sehr massiven Hecksteven. Am Bug ist das Boot deutlich fragiler. Eine Bordwand ist durchlöchert, die andere vollständig abgefallen. Dafür überragt der Bugsteven majestätisch die Szene. Wir sind überwältigt. Bei diesem Detailreichtum werden wir einiges zu tun haben. Nach einigen Fotos geht es auf den langen Rückweg. Wir können die Distanzen noch überhaupt nicht einschätzen. Auf der 5m-Linie fallen mir mehrere bearbeitete Hölzer auf. Könnten das Reste des angeblich verfallenen zweiten Wracks sein? Ich präge mir die Lage für einen der nächsten Tauchgänge ein.

*Positionsangaben sind bewusst verfälscht!